A2 - Evolutionäre Aspekte von Stoffwechsel- und Adipositas-assoziierten Genen in Primaten

Dieses Projekt wurde von 2013 bis 2016 im Rahmen des SFB 1052 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.

Die Zunahme von Erkrankungen, die mit dem Energie-Metabolismus zusammenhängen, wie Adipositas, Diabetes und koronare Herzkrankheit, kann mit Veränderungen im Lebensstil, die sich in jüngerer Zeit vollzogen haben, in Verbindung stehen. Es ist die Hypothese aufgestellt worden, dass einige der genetischen Ursachen für solche Erkrankungen ihren Ursprung darin haben, dass sich Menschen in der Vergangenheit an eine zur heutigen Umwelt unterschiedliche Umgebung angepasst haben. Hypothesen zum Ursprung einiger dieser Zivilisationskrankheiten, wie zum Beispiel Diabetes und Adipositas, legen nahe, dass früher vorteilhafte Phänotypen heute in einer modernen Umwelt zu erhöhter Anfälligkeit für diese Erkrankungen führen. Hierbei handelt es sich um die sogenannte "Thrifty Gene"-Hypothese. Untersuchungen zu kürzlich stattgefundener positiver Selektion und eine anschließende systematische Analyse der identifizierten genomischen Regionen können daher Erkenntnisse zur genetischen Basis dieser Störungen liefern.

Auch vergleichende Genomsequenzanalysen können benutzt werden, um Positionen zu identifizieren, an denen nicht-menschliche Primaten bekannte menschliche Mendel'sche Krankheitsvarianten tragen. Wenn die Krankheitsvariante in den Primaten nicht das Krankheitsbild hervorruft, dann können entweder Unterschiede in Umwelt oder Lebenserwartung den Unterschied erklären, oder das Genom der nicht-menschlichen Primaten trägt eine kompensatorische Variante, die das Auftreten der Kranheit verhindert. Falls der Unterschied genetisch erklärbar ist, muss der Mensch die kompensatorische Variante verloren haben. In einigen Fällen kann dieser spezifische Verlust der kompensatorischen Variante durch positive Selektion erklärt werden.

Durch die Untersuchung der evolutionären Geschichte der modernen Menschen mit genomischen Methoden ist es möglich, Positionen im Genom zu identifizieren, die sich seit der Trennung von unseren noch lebenden sowie ausgestorbenen Verwandten verändert haben, und Regionen zu lokalisieren, die in der jüngeren menschlichen Geschichte unter Selektion standen. Die vor kurzem erfolgte Sequenzierung mehrerer Primaten-Genome gibt uns die Möglichkeit, diejenigen genetischen Veränderungen zu untersuchen, die erst seit der Trennung des Menschen vom gemeinsamen Vorfahren mit Schimpansen und Bonobos entstanden sind. Die Genome unserer ausgestorbenen homininen Verwandten, der Neandertaler und Denisovaner, liefern uns Erkenntnisse hinsichtlich der jüngsten Veränderungen, die für die Entwicklung von solchen Phänotypen, die wir für für moderne Menschen spezifisch halten, wichtig gewesen sein können. Basierend auf einem Vergleich mit der Genomsequenz der Neandertaler haben wir Regionen adaptiver Evolution (positiver Selektion) im menschlichen Genom ermittelt. Diese Regionen beinhalten einen erhöhten Anteil von Genen, deren Funktion mit dem Metabolismus zusammenhängt. Durch den Vergleich heutiger und ausgestorbener Primatengenome werden wir Gen-Kandidaten für metabolische Störungen identifizieren und priorisieren. Für diese Kandidaten werden wir Variationsdaten in Populationen sammeln und analysieren. Durch die Integration von genetischen und epigenetischen Daten werden wir die evolutionäre Geschichte dieser krankheitsbezogenen Varianten verfolgen und anderen Konsortium-Mitgliedern Ranglisten von Gen- und SNP-Kandidaten zur weiteren funktionalen Analyse zur Verfügung stellen.

Abbildung 1: Vergleichende evolutionäre Genomstudien geben Informationen über die jüngere Selektion im modernen Menschen.

Abbildung 2: Allelfrequenzen in modernen Populationen bieten eine genetische Signatur der Neigung zu Adipositas.

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PROJECT TEAM

Janet Kelso, PhD,

Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie

Deutscher Platz 6
04103 Leipzig